Ich habe kein eigenes Fotostudio! Unprofessionell? Unpraktisch? Ungeeignet für schöne Bilder? Nein, ideal für wirklich einzigartige Bilder…
Viele Leute stellen sich einen Fotografen so vor, dass dieser ein eigenes Fotostudio besitzt. Für ein Fotoshooting fährt man zu ihm ins Studio, für die Bilderauswahl ebenso und bekommt im Studio auch Abzüge in verschiedenen Größen. Dieses klassische Rollenbild eines Fotografen war vor 20, 30 oder 40 Jahren sicher aktuell, ist heute aber veraltet.
Durch die moderne Digitalfotografie kann man auch an anderen Locations einfach wunderschöne Bilder machen, Fotoabzüge lassen sich entweder mit hochqualitativen Fotodruckern selbst erstellen oder man übergibt die Ausarbeitung an eigene Fachlabore (und damit meine ich nicht die Massenentwickler aus dem Internet). Ein eigenes Studio zu besitzen ist also nicht mehr unbedingt nötig.
Viele Kunden, die zum 1. Mal ein professionelles Fotoshooting bei einem Fotografen machen möchten, sind aber immer noch der Meinung, dass ein Fotograf ohne Fotostudio kein professioneller Fotograf sein kann. Um diesem Irrglauben entgegenzutreten hier nun meine Gründe warum ich kein Fotostudio habe und welche Vorteile ich daraus ziehe:
- Bilder aus einem Fotostudio sehen immer gleich aus
Das ist für mich der wichtigste Punkt überhaupt. Fotoshootings in einem Fotostudio sehen immer gleich aus. Viele Fotografen werden da jetzt heftigst dementieren – klar, man kann mit unterschiedlichsten Utensilien, Outfits und Hintergründen shooten. Aber letztendlich shootet man immer eine oder mehrere Personen vor einem weissem oder anders einfärbigem Hintergrund. Auch wenn ich noch so viel variiere, dieses Grundschema bleibt immer gleich.
Wenn ich aber für jedes Shooting eine andere Location nutze werden die Bilder nie gleich. Einmal ist man in einem alten Schloss, das nächste Mal draußen an einem schönen Flussufer, einmal in einer alten Fabrik, einmal in einer stylisch eingerichteten Wohnung – es wird nie langweilig. Außerdem spielt für richtig gute Bilder auch der Hintergrund eine wichtige Rolle, den kann man so perfekt ins Bild integrieren. - Ein Fotostudio verursacht für den Fotografen (oft nicht unerhebliche) Kosten
Schon die Einrichtung eines Studios kostet Geld: man benötigt verschiedene Einrichtungsgegenstände bzw. Shootingutensilien, Leinwände für die Hintergründe, dazu Studiobeleuchtungssysteme, Windmaschinen etc. Aber auch die laufenden Kosten (Miete, Reinigungsaufwand, Wartung der Geräte,..) sollte man nicht vergessen. Diese Kosten wird der Fotograf natürlich an die Kunden weitergeben müssen – wenn ich kein Fotostudio selbst besitze kann ich diese Kosten natürlich einsparen und damit letztendlich auch günstiger anbieten ohne auf Qualität zu verzichten. - Bilder aus Fotostudios sind immer perfekt ausgeleuchtet
Ja, das ist doch ein Argument für ein Fotostudio, oder? Ja, aber… 😉 . Die Ausleuchtung einer Person kann ich im Studio problemlos optimal einrichten, das stimmt! Allerdings ist diese perfekte Ausleuchtung mit der Zeit auch immer langweilig. Viel spannender ist es doch mit unterschiedlichsten Lichtgegebenheiten arbeiten zu können: Fotoshooting im Morgengrauen, romantisches Shooting in der Abendsonne, starkes Gegenlicht,… Diese Bilder werden wesentlich interessanter und abwechslungsreicher als die immer gleich perfekt ausgeleuchteten Bilder aus dem Studio. - Ein Fotostudio bietet nur beschränkt Platz
30 qm², 60 qm², 100 qm² – egal wie groß und wie hoch das Studio auch sein mag, irgendwann reicht der Platz für genau das eine Wunschbild nicht aus. Entweder ist die zu fotografierende Gruppe zu groß oder man möchte mit extremen Perspektiven (starkes Weitwinkel von unten nach oben, Zoom aus großer Entfernung) arbeiten, irgendwie stößt man im Fotostudio an seine Grenzen. - Ein Fotostudio beschränkt mein Einzugsgebiet
Wenn ich mein Studio im Raum Linz hätte, dann würden Kunden aus dem Großraum Linz, vielleicht auch aus Wels oder Steyr zu mir für ein Fotoshooting kommen. Aber auch aus dem oberen Mühlviertel? Aus dem Waldviertel, aus Salzburg oder aus Wien? Und dann noch vielleicht mit kleinen Kinden für ein Familienfotoshooting? Eher nicht. Ich lerne aber gerne neue Menschen kennen, neue Charaktäre, so entstehen immer neue Bilder und neue Ideen. Es ist doch viel schöner, Menschen in ihrem Umfeld zu fotografieren: am Ufer des Traunsees, bei einem Wasserfall, im Zentrum einer Großstadt. - Die Welt bietet so viele schöne Fotolocations!
Das ist für mich eigentlich der Hauptgrund! Warum ins langweilige Fotostudio gehen wenn so viele lässige Fotolocations gibt? Ein romantisches Shooting in der Natur an einem Fluss oder in einem Wald, ein schönes Schloss oder eine mittelalterliche Burg. Oder abgefahren in einer alten Fabrik oder im urbanen Style in der Großstadt – für jedes Shootingthema gibt es wahnsinnig viele tolle Locations. - Bei Outdoorshootings ist man vom Wetter abhängig
Im Studio ist das Wetter im optimal, bei einem Fotoshooting im Freien ist das natürlich nicht immer so. Da hat man einmal keinen schönen Sonnenschein – aber macht das was? Oft sind es gerade Wolken die erst die wirklich passende Lichtstimmung schaffen und das Bild zu etwas außergewöhnlichem machen. Sogar wenn es kräftig regnet muss das kein Problem sein! Ein After-Wedding-Hochzeitsfotoshooting im Regen, da entstehen echt geile Hochzeitsbilder die bestimmt keiner eurer Freunde hat. 🙂 - Für Notfälle wenn ich doch mal ein Studio benötige gehe ich in ein Mietstudio
Es gibt Situationen, in denen auch der motivierteste Locationfotograf ein Studio benötigt – zum Beispiel um die neueste Bekleidungskollekion eines Modelabels abzulichten oder für explizit so gewünschte Studioportraits. Für solche Fälle gibt es aber in jeder größeren Stadt zahlreiche Mietstudios in die man sich stundenweise einmieten kann, zu günstigen Preisen. Sollte also mal ein Studiofotoshooting in Innsbruck, Wien, Graz oder München (um nur ein paar Beispiele zu nennen) gewünscht sein, besteht immer schnell und einfach die Möglichkeit, dort ein Fotostudio für genau das Shooting anzumieten.
Das sind für mich die wichtigsten Gründe warum ich kein Fotostudio besitze, sicher würden mir vielleicht noch mehr einfallen, aber ich denke diese Liste sollte aureichen damit ihr versteht was ich meine. Keinesfalls möchte ich mit dieser Aufzählung aber behaupten dass Studiofotos überhaupt keinen Sinn machen – ganz im Gegenteil. Für mich bietet die On-Location-Fotografie aber größeres Potenzial – und es macht auch mehr Spass!